Entscheidung für ein anderes Leben
Wir haben uns dazu entschieden unser bisheriges, vermeintlich sicheres Leben, einzutauschen in ein Leben unterwegs, auf der Straße, in einer uns fremden Welt. Wir haben uns für Abenteuer, Unsicherheiten, Herausforderungen und Freiheit entschieden.
Mit Freiheit meinen wir, selbst entscheiden zu können wann und wo unser Tag beginnt und wieder endet und vor allem was er beinhaltet. Wir haben unsere festen Vollzeitjobs, unsere 120qm Wohnung, alle unnötigen Versicherungen und Mitgliedschaften gekündigt um frei reisen zu können.
In diesem Beitrag lest ihr, wie es uns die ersten Wochen auf 4qm gemeinsam 24/7 ergangen ist.
„Große Veränderungen in unserem Leben können eine zweite Chance sein.“
Unsere neue Wohnung auf Rädern
Also sind jetzt diese 4qm das Einzige was wir noch haben. Und das ist noch ganz schön viel, so zumindest für uns. Ein VW-Bulli ist ein wahres Raumwunder, er beinhaltet Wohnzimmer, Schlafzimmer (in der oberen Etage), Küche und Badezimmer in einem.
Unser ganzes Hab und Gut zu verkaufen und loszulassen fiel uns meistens nicht schwer, jedes Möbelstück was unsere Wohnung verließ und ein neuer Besitzer sich darüber freute, war eine Erleichterung, ein Schritt in unsere Richtung – Freiheit. Übrig geblieben sind drei Kisten mit unseren Unterlagen, Fotos und wichtigen Andenken, etwas Werkzeug und die Nähmaschine.
Unsere Kleidung reduzierten wir auf ca. 10 %, wirklich nur die Sachen die wir gern tragen und die Sinn machen, nahmen wir mit. Es ist unglaublich wieviel Sachen wir verschenkt oder in den Kleidercontainer brachten. Mit jedem Sack der unsere Wohnung verließ, wurde unser Leben schon ein bisschen leichter.
Aufteilung in der neuen „Wohnung“
Einen großen Teil im Bulli, nehmen die Küchenutensilien und die Nahrungsmittel ein. Logisch, wir wollen uns überall selbst verpflegen und auch kochen was wir gern mögen und gesund ist. Glücklicherweise ist unser kleiner Kühlschrank ebenfalls ein Raumwunder, sogar mit einem kleinen Tiefkühlfach für Eis oder Bier zum schnell runterkühlen.
Den anderen großen Teil an Platz nehmen das Werkzeug und die Ersatzteile ein. Um auf Nummer Sicher (typisch „Deutsch“ oder?) zu gehen, haben wir an dieser Stelle sicherlich zu viel dabei, aber wir können uns erstmal selbst helfen. Weniger Platz brauchen Reiseapotheke, Nähutensilien, Hundefutter, Campingstühle, Elektronik, Hygieneartikel usw. Mehr brauchen wir nicht mehr, haben wir entschieden und auch schon in den letzten Wochen gespürt.
Abfahrt in die Freiheit
Am 23.03.21 die Wohnungsschlüssel abzugeben und im Bulli einfach so wegzufahren, war ein unbeschreibliches Gefühl von Erleichterung und Befreiung. Ohne Reue und Wehmut machten wir uns zuerst auf den Weg nach Thüringen, um die ersten Tage im Bulli in der Natur zu entschleunigen. Das machen wir eh am liebsten.
Am besten gefällt es uns, wenn wir direkt mit Leo loswandern, am Abend die Sterne beobachten und am Morgen vom Vogelgezwitscher wach werden können. Dies können wir am besten, wenn wir freistehen. Und dafür ist unser Bulli auch ausgestattet: jede Menge Strom, 50 Liter Wasser, eine Dieselstandheizung, eine mobile Außendusche und eine mobile Toilette.
Den ganzen April wollten wir noch in Deutschland verbringen, um Freunde und Familie ganz ohne Zeitdruck besuchen zu können. Die meisten Nächte konnten wir dementsprechend auf den Grundstücken unser Besuchten verbringen. Nur ein paar wenige Nächte haben wir auf Wanderparkplätzen oder kleinen Waldwegen verbracht.
Es ist in Deutschland nicht gestattet, in seinem Auto zu campen, außerhalb von Campingplätzen. Aber diese waren nun mal geschlossen. Wir hätten uns sicher allgemein wohler gefühlt, wenn die Bundesregierung bereits schon die Campingplätze und Wohnmobilstellplätze geöffnet hätte, aber die Corona-Pandemie hatte Deutschland im April 2021 weiterhin fest im Griff.
Polizeikontrolle während Ausgangssperre
In einen dieser Nächte, ohne es zu wissen standen wir in einem Landkreis mit Ausgangssperre, kamen drei Polizisten und sagten wörtlich „Wir haben hier zwei Probleme, erstens: Wussten Sie das hier eine nächtliche Ausgangssperre ist? Und zweitens hier dürfen Sie nicht stehen.“. Wir verneinten, waren sichtlich sprachlos über unseren Besuch.
Aber vermutlich haben Sie uns, auf Grund der Ausgangssperre, gewähren lassen, denn sie fuhren so schnell wieder weg wie sie gekommen sind, ohne ein Bußgeld zu verlangen.
Wir hatten wirklich Glück, denn kurz darauf konnte man in Zeitungsberichten lesen, wie Wohnmobillisten zur Kasse gebeten wurden, weil sie auf öffentlichen Flächen übernachteten.
So ein Leben im Bulli ist nur wenig vergleichbar mit der Routine die wir in unserer Wohnung hatten. Oft ist es viel aufwendiger: Es gibt keine Kaffeevollautomaten bei dem wir nur auf dem Knopf drücken müssen, um schnell einen Kaffee oder sogar Latte macchiato genießen zu können.
Mal eben eine Maschine Wäsche waschen oder die Haare schnell föhnen geht ebenfalls nicht.
Aber es gibt auch Dinge die schneller umgesetzt werden können: RAUSGEHEN, einfach die Schiebetür aufmachen und schon sind wir im Grünen, in unserem sich ständig verändernden Vorgarten für die kommende Zeit.
Neue Routinen
Wenn wir morgens aufwachen, machen wir uns immer zuerst einen Kaffee mit unseren Mokkakocher, Leo weiß genau, dass er noch solange warten muss. Wenn der Kaffee fertig ist, haben wir uns schon angezogen und gehen mit unseren gefüllten Thermobechern nach Draußen, da wo wir eben gerade sind. Eine weitere Tagesroutine gibt es bei uns nicht.
Jeder Tag entwickelt sich neu und anders. Schwierig ist es manches Mal einen ruhigen Platz zu finden, an dem wir dann ungestört draußen duschen können. So kommt es auch mal vor, dass wir ein paar Tage nicht richtig geduscht haben, das ist natürlich nicht so schön, aber umso mehr freuen wir uns dann über die kommende Dusche.
Ebenfalls kann es schwierig sein eine Quelle zu finden, wo wir Wasser auffüllen können. Hier in Spanien gibt es zum Glück jede Menge Tankstellen an denen wir bisher Wasser auffüllen konnten. Wäsche waschen wir viel mit der Hand, zumindest die kleineren Sachen und zum trocknen hängen wir sie dann im Bulli auf. Für die größeren Sachen und auch Bettwäsche suchen wir uns einen Waschsalon, dann werden sie auch direkt getrocknet.
Neues Zeitgefühl
Mittlerweile hat sich schon unser Zeitempfinden angepasst, wir wissen nicht mehr welcher Wochentag gerade ist und die Uhrzeit ist uns auch meist schon egal geworden. Wir essen wenn wir Hunger haben, stehen auf wenn wir wach sind und gehen wandern, wenn wir meinen uns bewegen zu müssen. Auf den kanarischen Inseln, wo der immerwährende Frühling herrscht, vergessen wir vielleicht sogar den Monat, wer weiß das schon?
Jetzt lernen wir noch, zu verstehen, dass das nun unser Leben ist. Wir sind unglaublich dankbar und glücklich, dass wir das erleben dürfen.
Update März 2022
Den Artikel haben wir vor einem Jahr geschrieben. An unseren ganzen Abläufen und Ansichten hat sich nichts geändert. Nur unseren Standort haben wir inzwischen gewechselt: Wir sind mit unserem Camper im Mexiko angekommen und werden nun diesen Teil der Welt entdecken.
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Vielen Dank Maria & Christian